8. Tag auf See – Kreuzen? Geht nicht. Und: Zukunftspläne.

„Kreuzen? Geht nicht“ ist der Titel eines Buches, das ich mal als Jugendlicher gelesen habe. Die amüsante Geschichte zweier Freunde, die mit einer alten Klepper Fam rund Fühnen segeln und dabei feststellen, dass das Schiff bei Gegenwind irgendwie mehr quer driftet, als vorwärts fährt. Dummerweise ist die ganze Zeit Gegenwind. An das Buch musste ich die letzten Tage oft denken. Denn auch bei uns an Bord war der Titel Programm.

Kurz nach Rundung des Cape Hatteras haben wir in südwestlicher Richtung den Golfstrom gequert und danach Kurs nach Süden genommen. Zeitgleich nahm der Wind (wie angekündigt) auf 25 bis 30 Knoten zu und drehte auf Süd, also genau gegenan. Mit einem Wendewinkel von etwa 150 Grad war es (wie der Tracker zeigt) kein wirkliches Vergnügen zu kreuzen. Zwei, drei Tage segelten wir ziemlich auf der Stelle, machten in drei Tagen nur etwa 150 Seemeilen auf das Ziel gut und konnten durch das Gescheppere und Geknalle des Leichtbau-Kats hoch am Wind hier kaum ein Auge zumachen. Es ist manchmal wirklich erstaunlich, was das Schiff alles abkann. Jetzt in der Werftzeit habe ich ein Seeventil am Watermaker getauscht und war verblüfft als ich sah, dass der Rumpf unten nur knapp 8 mm stark ist. Unsere Contest 33 war an der Stelle fast dreimal so stark. Aber damals wusste man ja auch noch nicht, wie dünn man Boote bauen kann und hat alles überdimensioniert. Die Kräfte, die der Kat gerade bei Amwindfahrt aufnehmen muss, sind enorm. Vor allem, wenn man wieder ein Rumpf in einer Welle stecken bleibt und die Welle gegen das Brückendeck scheppert. Dann fliegen uns in der Pantry die Teller in die Luft. Aber das Schiff hält das alles aus. Irre. Über unsere Erfahrungen mit dem Umstieg vom Mono auf einen Kat habe ich übrigens gerade einen großen Artikel (9 Seiten!) für die YACHT geschrieben, der im Kat-Spezial in Heft 24 erscheinen wird.

Gestern früh hat der Wind nun endlich wieder auf Nord und dann Ost gedreht, sodass wir nun wieder gute Fahrt auf das Ziel zu machen und morgen früh die Inseln der Bahamas sichten sollten. Heute früh schon umflog uns ein kleiner, winziger Vogel, der sich offenbar auf See hinaus verirrt hatte. Erst traute er sich nicht zu landen. Dann saß er plötzlich auf den Leinen im Cockpit, dann vor der Tür und seit zwei Stunden hat er völlig seine Ängste verloren, ist direkt in unseren Rumpf geflogen und hat es sich erstmal in unserer Koje bequem gemacht. Das gefiel Cati natürlich gar nicht, deshalb musste ich ihn zweimal wieder hinaus an Deck befördern. Keine 20 Minuten später hatte er wieder einen Weg in den Salon gefunden, flog von Kabine zu Kabine, hüpfte durch unser Bücherregal und fand schließlich seinen Lieblingsplatz in Catis Basilikum-Pflanze in der Pantry. Erst unter skeptischen Blicken. Aber die Pflanze war eh schon ein wenig Welk. Vollgefuttert mit Basilikum und gestärkt mit einigen Tropfen entsalztem Seewasser aus dem Waschbecken wurde er dann immer erkundungsfreudiger, sehr zum Ärger Catis. „Der scheißt uns hier den ganzen Salon voll! Und ich kann das Geflatter nicht ab!“ Ich sah es schon kommen, dass ich ihn wieder hinaus an Deck befördern muss. Aber dann hat der Vogel drei Fliegen entdeckt, die schon seit Virginia an Bord sind und durch die langsame Erwärmung der Luft auf dem Weg nach Süden nun so unsagbar flink geworden sind, dass es uns in den letzten Tagen einfach nicht gelungen ist, sie zu erschlagen. Für den Vogel ein gefundenes Fressen und sofort war der Jagdtrieb geweckt. Nach all dem Gemüse – wer hat da nicht auch Lust auf ein Stück Fleisch?

Zwei verdrückte Fliegen später wurde er uns dann aber doch zu aufmüpfig und begann sich in einem Schwalbennest (Stauraum) im Salon einzunisten. Zeit für den Umzug an Deck, sonst bekommen wir ihn vermutlich gar nicht mehr raus.
Im letzten Blogeintrag hatte ich als Cliffhanger unsere Ziele erwähnt … Denn uns war aufgefallen, dass wir die neuen Pläne noch gar nicht publik gemacht haben:

Anfang Mai 2019 wollen wir von den Bahamas aus wieder mal die Segel zu einer Atlantiküberquerung setzen. Mit einer Crew aus drei Freunden soll es mit dem Kat in einem Rutsch hinüber zu den Azoren gehen. Von dort dann weiter in eins unserer Lieblingsreviere: Portugal. Zunächst nach Lissabon. Der Stadt, zu der ich ja (durch den Start meiner ersten Reise von dort) eine ganz spezielle Beziehung habe. Dann die Küste hinauf nach Galizien, Frankreich, England und dann Schottland. Der Caledonian Canal war schon immer ein großer Traum von mir. Durch die ganzen „Lochs“ (auch Loch Ness!) wollen wir hinüber an die schottische Ostseite motoren und von dort Kurs auf Hamburg nehmen. Und das Beste: Wer mit will, kann gern mitkommen: Termine und Routen auf www.maverick-charters.com

Ab 1. Oktober 2019 habe ich dann einen neuen Schreibtisch in Hamburg: Ich werde in der Redaktion von Boote (www.boote-magazin.de) als Redakteur im Ressort „Test und Technik“ anfangen.
Für mich ein wirklich toller neuer Job, in dem ich ja mittlerweile eine Menge Erfahrung habe. Wenn auch nun in einem anderen Bereich: Motorboote. Doch ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe. Und auch Cati ist sehr happy darüber, nach fünf Jahren wieder mal nach Hause zu kommen. Sie freut sich, wieder etwas näher bei den Freunden und der Familie zu sein, die wir die letzten Jahre ja sehr entbehrt haben. Außerdem wieder mal einen geregelten Alltag zu haben. Und Jahreszeiten. Frühling, Herbst und Winter, statt ständigem Sommer. Es ist wirklich verrückt, aber solche Sachen fehlen einem dann mit der Zeit.

Auch wenn wir wieder einen Job an Land haben, wollen wir aber weiterhin auf dem Kat wohnen bleiben. Im Hamburger Hafen! Denn wie könnte man in Hamburg besser wohnen, als auf einem Boot? 🙂
Übrigens sucht Cati für unsere Rückkehr noch nach einem festen Job in Hamburg. Und wer sie kennt, weiß, dass sie für so ziemlich jede Art von Job offen und für jede Art von Arbeit begabt ist. Sie hat schon so ziemlich alles gemacht: Ob Büroarbeiten, Sekretariat, Verkauf, Hotelbetrieb und Ferienwohnungen, … Sie ist kreativ, begabt und eine wirklich verlässliche Arbeitskraft, die man häufig zum Feierabend zwingen muss. Also: Wenn jemand was hört, meldet euch gern bei ihr: cati@zu-zweit-auf-see.de. Möglicherweise auch schon ab Sommer 2019.

Viele Grüße von See! 80 Seemeilen nördlich von Abaco.

Johannes