Der Countdown läuft …

 

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Vielleicht der letzte Blogeintrag von dieser Seite des Atlantiks – wenn nicht noch etwas dazwischen kommt. Das Wetter sieht für eine Atlantiküberquerung momentan wirklich gut aus und wir wollen lieber heute als morgen starten. Momentan rechnen wir mit einer Abfahrt zum kommenden Wochenende – was natürlich alles heißen kann von Mittwoch bis Sonntag. Bevor wir ablegen können, muss noch einiges erledigt werden. Um es nicht tatsächlich erledigen zu müssen, legen wir erstmal Listen an: To-Do-Listen, Einkaufslisten, Lebensmittelbestandslisten und sicher wäre auch eine Listenliste hilfreich, damit wir bloß nicht vergessen, alle Listen abzuarbeiten.

Nebenbei muss Johannes noch ein paar Stunden vor dem Rechner für die YACHT verbringen, einen Positionstracker auf unserer Website einstellen, damit wir täglich eine Standortmeldung an unseren Blog schicken können, seinen neuen Weltempfänger für den Empfang von Wetterkarten auf dem Atlantik ausprobieren – und eben auch seine Listen abarbeiten.

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Es ist erstaunlich, wie viel am Boot optimiert werden muss. Gestern habe ich seit langer Zeit mal wieder die „Was kostets“-Seite aktualisiert und insgeheim hoffe ich immer für jeden Monat, dass der Bootsreparatur- und zubehörposten leer bleibt. Wir leben nun seit mehr als anderthalb Jahren auf dem Wasser und „Maverick“ ist wirklich in einem Topzustand. Aber dann sind da eben doch solche Dinge, die das Leben noch bequemer machen könnten. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Salzwasserpumpe am Waschbecken? Ist doch auch viel ungefährlicher, als sich auf dem Atlantik mit einem Eimer über die Reling zu beugen! Oder eine Solardusche. Das Duschwasser wäre nicht nur wohltemperiert – sondern wir hätten auch noch 20 Liter mehr Süßwasser an Bord, allein zum Abspülen nach den Salzwasserduschen. Man hat doch sonst so wenige Highlights auf einer Atlantiküberquerung …

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Manche Anschaffungen sind tatsächlich unerlässlich. Die Dirk muss zum Beispiel ausgetauscht werden. Wir brauchen Ersatzleinen für die Monitor-Windsteueranlage. Und eine Ersatzwindfahne wäre auch eine gute Sache, schließlich kann es auf der Rücktour über den Atlantik wesentlich ruppiger zugehen als noch auf dem Hinweg. Johannes hat auf dieser Strecke 2009 einen Knockdown erlebt. Auch deshalb kreisen unsere Gespräche darum, ob wir besser die Bodenbretter verschrauben sollten, damit sie uns im Fall der Fälle nicht um die Ohren fliegen. Andererseits wäre die Bilge bei Wassereinbruch dann wesentlich schwieriger zu erreichen …

Seit Dienstag sind wir an unserem Stammankerplatz am Little Lake Worth („Kleiner Wörthersee“) und haben schon die erste Einkaufs- und Stauorgie hinter uns. Ich bin fest davon ausgegangen, dass es mir schwer fallen wird, hier anzukommen. Unser letzter Ankerplatz in den USA. Das Ende unserer Reise. Ein Kreis, der sich schließt.

Natürlich ist unsere Reise noch lange nicht zuende. Da wäre das kleine Detail der Atlantiküberquerung und natürlich der Weg nach Hause. Und was wir da nicht noch alles sehen werden! Trotzdem hatte ich immer eine Talfahrt im Kopf. Gefühlt hat unsere Reise gerade erst begonnen. Unfassbar, dass schon so viele Monate vergangen sind. Begreifen kann ich das nicht. Als wir im Januar überlegen, nach Deutschland zurückzukehren, kann ich nicht verhindern, dass sich ein Mantra in mir breit macht: „Ich muss nach Hause. Ich muss nach Hause. Ich muss nach Hause“. Wobei, nicht richtig, denn „Zuhause“ ist für mich mittlerweile die „Maverick“. Der Gedanke daran, dass wir bald nicht mehr auf unserem schönen und so überaus gemütlichen, kleinen Schiff wohnen werden, treibt mir einen dicken Kloß in den Hals.

Das ist aber auch das Einzige. Mittlerweile freue ich mich auf Deutschland. Nicht so sehr auf die Temperaturen, natürlich – wobei wir hoffen, dass es bei unserer voraussichtlichen Ankunft Ende Juli oder im August recht erträglich sein wird. Sondern auf die Menschen, Familie und Freunde, die wir besuchen wollen und sehr vermissen, und Bekanntes wiederzugewinnen. Gute Brötchen zum Beispiel. „Sobald wir europäisches Festland erreichen, nehmen wir uns einen Mietwagen und fahren nach Deutschland zum Brötchen holen“, ist Johannes Kommentar heute morgen angesichts der amerikanischen Frühstücksware. Oh Mann, ich wollte nie jemand werden, der über das Fehlen deutscher Nahrungsmittel jammert – vor allem, wenn es ihm doch offensichtlich so gut geht. Dieser Vorsatz hat übrigens bis England gehalten und es jetzt schon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass deutsche kulinarische Köstlichkeiten Stunden unserer Gespräche auf dem Atlantik füllen werden. Gespräche über Erdbeerkuchen zum Beispiel. Über ungesüßtes Müsli ohne Zucker. Deutsches Bier. Oder Currywurst. Mmhh, Currywurst …

Wie dem auch sei, wir freuen uns auf Deutschland. Sehr. Ich habe mich sogar regelrecht glücklich gefühlt, als wir nach der letzten Brücke auf dem Intracoastal Waterway wieder hier im Süden Floridas angekommen sind. Unserem Absprungspunkt.

Mittlerweile gibt es einen Plan für das „Danach“. Wir werden, so Gott will, ab November diesen Jahres ein Charterbusiness auf den Bahamas betreiben. Sehr liebe Freunde von uns haben wahnsinnigerweise so viel Vertrauen in uns und geben uns ihren Katamaran dafür. Neben den Vorbereitungen für die ja sehr bald bevorstehende Atlantiküberquerung sind wir deshalb natürlich auch für dieses Projekt fleißig. Insbesondere die Website samt Buchungssystem soll schnellstmöglich online gehen. Und so kommt es, dass Johannes gerade an mehreren Sachen gleichzeitig tüftelt und meine Inventurliste über die sich an Bord befindlichen Raviolidosen neben dem künftigen Menüplan für das Charterbusiness bearbeitet wird.

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Vor etwa einer Woche haben wir unsere Pläne für „Maverick-Charters“ bei Facebook publik gemacht. Seitdem haben wir viel Zuspruch bekommen, aber auch teils kuriose Nachfragen. „Wie konntet ihr euch denn so plötzlich einen großen Katamaran leisten?“ Klar, eine Frage aus Deutschland 😉 Vielleicht auch nur für uns kurios, schließlich ist uns die Realität glasklar: Wir sind nicht über Nacht (oder gar durch die Kaffeekasse) vermögend geworden. Wir sind immer noch „Low-Budget“ unterwegs und wenn das Schiff am Dienstag voller Proviant ist, mal wieder pleite. Der Katamaran gehört unseren Freunden. Wir wohnen noch immer auf „Maverick“ und werden auf ihr unsere Reise beenden. Dementsprechend haben wir nicht auf einmal mehr Platz für die Verproviantierung, sondern werden den nächsten Monat eingepfercht zwischen Wassergallonen und H-Milch verbringen. Und mit einer kribbeligen Vorfreude im Bauch. Vorfreude auf ein neues Abenteuer auf einem Katamaran in den Bahamas . Ein weiteres, unvergessliches Kapitel. Und wir können euch dorthin mitnehmen, denn wir haben nun plötzlich ein paar freie Doppelbetten an Bord!

Bis dahin gibt es noch einiges zu erledigen. Johannes muss zum Beispiel noch einen SSS machen. Und die deutschen Gesetze zur Sicherheit und Steuern sollen natürlich auch erfüllt werden. Bis dahin überqueren wir vor allen Dingen erst mal den Atlantik und genießen jeden Moment auf unserem eigenen tollen Schiff. Dabei stoßen wir mit einem eiskalten Guavensaft an. Nicht aber, ohne ihn von der Proviantliste zu streichen …

Cati