Auf zu neuen Ufern

Liebe Leser,

die Weihnachtstage haben wir in meiner Heimatstadt Wolfsburg verbracht. Die Stadt ist zwar nicht sonderlich malerisch, aber sie hat einen sicheren Arbeitgeber, das Volkswagenwerk. Das hat zur Folge, dass rund um Wolfsburg eigentlich fast alle im Werk arbeiten. Es gab sogar Zeiten, da war ich der einzige in der Familie, der NICHT bei VW arbeitet oder gearbeitet hat. 

Als ich im Jahr 2005 mein Abitur gemacht habe, war für mich klar, dass ich nicht in Wolfsburg bleiben möchte. 

Dabei habe ich überhaupt keine Abneigung gegen Volkswagen, im Gegenteil. Ich bin immer VW gefahren und wir haben auch heute zwei davon auf dem Hof stehen. Meine Wolfsburger Freunde, die bei VW arbeiten, haben fast alle wirklich tolle und spannende Aufgaben und entwickeln die Autos der Zukunft. Der Grund war vielmehr, dass ich partout keinen vorgezeichneten Lebenslauf haben wollte. Ich wollte schon immer etwas anders machen, als die anderen. Ein „Maverick“ sein. Dazu war mir wichtig, etwas mit Herzblut zu tun. Und das steckt nunmal in Booten.

Nach dem Abitur segelte ich erstmal einhand über den Atlantik, erreichte nach zehn Monaten Reise die USA und flog zurück nach Deutschland. Wenige Wochen danach saß ich in einem Kieler Hörsaal zwischen 300 anderen Studenten und studierte Schiffbau. Während des Studiums schrieb ich mein erstes Buch für den Delius Klasing Verlag und ein paar Artikel für die YACHT, die auch dem Verlag gehört. „Vielleicht lande ich auch irgendwann dort und teste Boote“, dachte ich. Und tatsächlich: Ein von Wilfried Erdmann vermitteltes Praktikum bei der YACHT schaffte im Frühjahr 2009 die Grundlagen. Ein halbes Jahr später fing ich als Volontär an, machte zwei Jahre lang meine handwerkliche Ausbildung zum Journalisten und wurde 2011 als Redakteur übernommen. Das ist zwölf Jahre her. 

In meinen Jahren als Redakteur habe ich spannende Menschen kennengelernt und ihre Lebensgeschichte zu Papier gebracht, dazu tolle Dienstreisen gemacht, etwa nach Belize in Mittelamerika oder in die Karibik. Damals war ich dem Panorama-Ressort zugeordnet, bin aber ständig zwischen den Themenbereichen hin und her gesprungen. Ich habe auch mal Sport-Themen behandelt (damals die komplette Berichterstattung über Boris Herrmann), Reisegeschichten und Revierporträts geschrieben und fotografiert, dazu Boote und Ausrüstung getestet und Werkstatt-Themen produziert, meist bei uns an Bord. Während unserer zwei Jahre auf Langfahrt habe ich jeden Monat ein paar Seiten geliefert und so einen Teil unserer Reisekasse verdient.

Als wir drei Jahre Charter gefahren sind, musste ich mit der journalistischen Arbeit pausieren. Doch als wir dann 2019 (nach fünf Jahren unterwegs) unsere Rückkehr erwägten, kam pünktlich ein Jobangebot vom Schwestermagazin BOOTE. Drei Jahre habe ich dort als Test-und-Technik-Redakteur gearbeitet und die neusten Motorboote getestet, bis sich im Herbst 2022 eine Möglichkeit ergab, wieder zur YACHT zu wechseln. Den Wechsel habe ich nie wirklich kommuniziert, doch es war für mich eine große Freude, als die Leser es gemerkt haben und unter meine Artikel und YACHT-tv-Videos kommentierten „Johannes ist wieder da, wie cool!“

Mittlerweile ist es mehr als 14 Jahre her, dass ich meinen ersten Arbeitstag bei der YACHT hatte.

Vergangenen Freitag war mein letzter.

Für mich geht damit eine Ära zu Ende. In mehr als 200 YACHT- und BOOTE-Ausgaben stehen Geschichten, die ich geschrieben habe. Dazu habe ich drei Bücher im Delius Klasing Verlag veröffentlicht. Ein viertes ist in Arbeit und wird im Mai erscheinen. 

Vor allem in den Anfangsjahren war der Delius Klasing Verlag wie eine Familie für mich. Ich war damals einer der jüngsten Mitarbeiter und habe den Zusammenhalt und die Fairness unter Kollegen vermutlich noch intensiver erlebt. Dazu war es immer ein tolles Gefühl, wenn Leute zusammen arbeiten, die allesamt ihr Hobby und ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben – und deshalb ein natürliches Interesse daran besitzen, das was wir zusammen herstellen wirklich „gut“ machen zu wollen. Journalistisch habe ich sowohl von meinem Abteilungsleiter Uwe Janssen als auch von meinem Chef Jochen Rieker wirklich viel gelernt. Von Uwe, wie sehr man mit Sätzen ringen kann, bis die Worte endlich in der richtigen Reihenfolge stehen. Von Jochen, wie man mit Begeisterung und hohem Qualitätsanspruch ein richtig gutes Produkt auf die Beine stellt. 

Es waren gute Jahre. Doch in den vergangenen 14 Jahren ist viel passiert: Im Journalismus und in der Art, wie wir heute Medien konsumieren. Aber auch, wie Medien heute entstehen (Stichwort: KI). 

Ich war immer ein großer Bewunderer von gutem Handwerk, zum Beispiel von Holzbootsbau und Yachtkonstruktion. Ich habe mich damals gefreut, als wir als letzter Jahrgang im Schiffbaustudium noch Schiffslinien mit Straklatten zeichnen konnten, so wie in den 50er Jahren. Denn damit bekommt man ein viel besseres Gefühl für strakende Linien. Die Jahrgänge danach ließen bereits den Computer die Linien zeichnen.

Auch Journalismus ist ein handwerklicher Beruf und ich habe in der Ausbildung gelernt, wie lange man an Wörtern feilen kann, bis sie „richtig“ stehen. Deshalb konnte ich mich nie daran gewöhnen, dass nun bald die KI beim Schreiben helfen soll. 

Doch nicht nur die Art des Schreibens ändert sich, auch die Art des Konsums. Früher in den 70er Jahren hatte man als Segler die YACHT im Printabo. Sehr gern habe ich mich immer freiwillig für den Messedienst am YACHT-Stand gemeldet und gefreut, wenn ein älterer Herr stehen blieb und mir mit gebrochener Stimme mitteilte: „Ach, die YACHT. Die lese ich nun auch schon seit 45 Jahren.“ Es war mir eine Freude, dem Mann dann einen Kaffee anzubieten und zu fragen, wie sich das Heft in den Jahrzehnten verändert hat. Was wir besser machen können. Zuletzt wurden solche alten Abonnenten jedoch immer seltener. Die alten Generationen von Seglern sterben aus und es gibt immer weniger Menschen, die das gedruckte Heft in die Hand nehmen. Die neue Generation liest online und schaut YouTube.

Was ja auch legitim ist. Fortschritt ist gut und wichtig. Ich glaube auch sicher, dass solche Special-Interest-Magazine wie die YACHT immer eine Leserschaft haben werden, auch wenn man vom Printjournalismus so langsam wegkommt und ein neues Medium findet. Natürlich ist es für Segler optimal die Magazine nun aufs Smartphone zu bekommen, ohne dem Umweg über den Briefkasten. Dazu bin ich nun wahrlich kein Verfechter davon, an alten Dingen festzuhalten. Ich habe zum Beispiel damals die YACHT in die Sozialen Medien geholt und eine Facebook-Seite gebaut, als noch jeder in der Redaktion skeptisch war, „was das soll“ und vor allem „was das bringt“. 

Doch mit dem Wandel von Print auf Online und auch mit dem Einzug der KI im Journalismus endet für mich nun gerade ein Lebensabschnitt. Zäsuren sind Gelegenheiten. Deshalb habe ich beschlossen, etwas Neues zu beginnen.

Zwei Dinge sind mir in den vergangenen (fast 20) Jahren in der Wassersportbranche besonders wichtig geworden: Ein Produkt, das von Hand und mit einem hohen Qualitätsanspruch hergestellt wird und ein Team, das mit Herzblut dabei ist. Deshalb war es für mich wichtig, eine Aufgabe zu finden, in dem beide Dinge vereint sind.

Diese neue Aufgabe habe ich gefunden. Dazu noch eine, in der ich meine Leidenschaft fürs Langfahrtsegeln und mein Interesse an modernem Yachtbau und Innovationen einbringen kann.

Im Januar wechsele ich zu Sirius-Yachts nach Plön. Ich kenne keine andere Werft, in der ein derart hoher Wert auf Qualität und Perfektion gelegt wird. Alles, was man auf diesen Booten berührt, fühlt sich hochwertig und „richtig“ an. Deshalb freue ich mich sehr darauf, ein Teil der tollen Crew zu werden, die diese bemerkenswert guten Boote baut. 

Bei Sirius-Yachts werde ich mich künftig um das Marketing (z.B. YouTube-Videos) kümmern, aber auch im Verkauf der Boote mitarbeiten, neue Eigner also auf dem Weg von der Idee bis zu ihrem Traumschiff begleiten. 

Damit schließt sich für mich ein Kreis, denn „Boote bauen“ wollte ich ja damals schon. Ich freue mich riesig auf die neue Aufgabe, die dort auf mich wartet, und auch darauf euch künftig dort mit an Bord nehmen zu dürfen. 

Viele Grüße von uns vier Erdmännern aus Quickborn – und eine schöne Zeit zwischen den Feiertagen. 

Johannes