Die Neue ist die Alte

Liebe Leser,

es gibt freudige Neuigkeiten. Wir haben ein Schiff gefunden. 🙂

Wer nun schon länger diesen Blog hier verfolgt, wird vermutlich gleich im nächsten Absatz die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, den Kopf schütteln oder einfach nur laut los lachen. Denn die Neue ist – wie bereits in der Headline beschrieben – die Alte!

Wir haben uns eine Contest 33 gekauft! 🙂 Man muss dabei allerdings differenzieren. Es ist nicht dieselbe, wie die, die wir schon einmal hatten. Sondern ein fast absolut baugleiches Schwesterschiff.

Das hat einen ganz einfachen Grund: Cati und ich haben der alten eineinhalb Jahre lang nachgetrauert, weil sie von der Größe her einfach perfekt war. Genau unsere Kragenweite. Dazu ein hervorragender Segler mit viel Platz an und unter Deck und vor allem, ganz wichtig, mit Stil. Ein echter Klassiker der Neuzeit. Wir haben sie geliebt. Deshalb kam ich eine Woche nach der Besichtigung des Stahlkaskos beim Surfen durchs Web wieder auf dieselbe Spur, wie schon vor zwei Jahren.

Da lag eine in Stavoren, am Ijsselmeer. Holland. Ähnliche Situation wie damals – und das machte das Angebot umso sympathischer. Denn Cati und ich haben die vielen Fahrten nach Holland damals mindestens genauso geliebt, wie das Schiff, dass wir in Hellevoetsluis (südlich Rotterdam) langsam von einem hässlichen Entlein zu einen stolzen Schwan verwandelten. Zugegeben, es war eine Menge Arbeit, denn die alte Contest (Baunummer: 13) lag schon sicherlich 10 Jahre vergessen im Wasser, als wir sie günstig übernahmen. Mitte Mai schließlich erstahlte sie in altem Glanz und wurde von uns durch die Staandemast-Route quer durch Holland an die Nordseeküste überführt. Von dort habe ich sie dann einhand und nonstop nach Glückstadt gesegelt und zusammen mit Cati durch den Nord-Ostsee-Kanal in die Schlei gebracht. Dann kam das Angebot, die „Gipsy Girl“ zu übernehmen – und wir haben zugeschlagen.

Die alte Contest 33 auf der Kieler Förde

Nach einem Sommer auf der Ostsee, einem herrlichen Törn zu dritt mit meinem Onkel nach Schweden und zurück und einigen kleineren Reisen nach Dänemark haben Cati und ich festgestellt, dass „Gipsy Girl“ für diese Art von Reisen perfekt ist. Wir haben ja auch eine Menge daran gearbeitet, um sie in den passenden Zustand zu bringen. Doch für unsere Langfahrtpläne ist sie uns einfach zu groß. 15 Tonnen wiegt bringt sie mit vollen Tanks auf die Waage, was das An- und Ablegen zu zweit bei Wind manchmal schwierig gestaltet. Außerdem sind uns die laufenen Kosten zu hoch – denn wenn etwas kaputt geht, kostet es so richtig viel Geld. Alles, was angeschafft wird, muss immer „eine Nummer größer“ sein. Eine neue Furlex steht auf dem Programm, dann noch irgendwann mal neue Segel. Die Contest ist da viel günstiger zu unterhalten.

All diese Gedanken brachten mich dazu, wieder ein wenig nach Contests im Internet zu stöbern. Und da war sie dann plötzlich. An einem Samstagmorgen haben wir uns auf den Weg nach Stavoren gemacht. Kaum waren wir über die Grenze, kam das gleiche Gefühl auf, wie auf unseren unzähligen Fahrten zum Boot zwei Jahre zuvor. Aufbruchsstimmung. Spannung. Eine gemeinsame Aufgabe, ein Schiff zu finden und für die gemeinsame Reise herzurichten. Angekommen am Ijsselmeer passte dann einfach alles. Ein netter Schiffsmakler begrüßte uns, hatte schon eine Treppe an das Schiff gerollt und die Heizung aktiviert. „Guckt euch gern um und wenn ihr genug gesehen habt, kommt ins Büro, da gibt es Kaffee.“ Wir waren baff, denn wir hatten für die Besichtigung völlig freie Hand. Und die Hände fühlten sich an Bord sofort Zuhause, griffen vertraut an die allgegenwärtigen Handläufe und unter dem Teppich zielgerichtet zum richtigen Bodenbrett. Sie kannten einfach alles.

Die neue Contest ist ein Jahr jünger als die Alte, Baunummer 64 von insgesamt 188 Schiffen. Ein kritischer Punkt bei unserer alten Dame war Osmose am Unterwasserschiff, von der viele Contesteigner berichten – und auch unsere neue ist nicht verschont geblieben. Einige ausgebesserte Stellen und eine geöffnete Blase ließen es sofort erkennen. Aber vor Osmose haben wir inzwischen keine Angst mehr. Klar, es kommt eine Menge Arbeit auf uns zu, aber die hätten wir auch bei einem Stahlkasko. Und nach der Sanierung ist der Rumpf bekanntlich stabiler, als bei Auslieferung des Schiffes.

Während Cati schwärmend das Optische der Kajüte unter die Lupe nahm, machte ich mich an die Technik und Elektrik. Im Gegensatz zur Alten ist hier noch alles in Originalfassung. Die Funktion konnten wir nicht feststellen, weil keine Batterien an Bord waren. Aber es machte alles einen guten Eindruck. Vor allem die relativ neue Furlex auf dem Vorschiff, die neue Genua, die ebenfalls relativ neue Webasto-Heizung und die gute Sprayhood. Die Winschen sind dagegen älter, als bei der alten Contest, dafür wiederum der Motor sehr viel neuer – und der gleiche, wie damals auf meiner „Maverick“.

Ein zusätzliches Schiff war natürlich in unserem Budget nicht eingeplant und so gelang es mir nur durch die Hilfe meiner lieben Schwester Susi – und der Postbank – das Geld zusammenzubekommen. Ich werde es noch ein paar Jahre zurückzahlen müssen. Aber zumindest haben wir jetzt das Schiff auf dem Hof, mit dem wir im Mai 2014 auf Langfahrt gehen wollen. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, wie die Yacht aussieht, das in unseren Tagträumen vor einem Strand der Exuma-Cays ankert 🙂

Witzig war, dass ich das Schiff exakt an dem gleichen Tag bezahlt habe, an dem wir genau zwei Jahre zuvor die alte Contest gekauft haben!

Der Plan sieht nun vor, das Schiff noch bis zum Mai in Holland liegen zu lassen und dann nach Kopperby zu segeln. Dort kommt es wieder an Land, das Unterwasserschiff wird geschält oder gestrahlt und dann den ganzen Sommer zum Trocknen in den Wind gestellt, dabei regelmäßig mit Süßwasser abgespült, damit die Säure aus dem Laminat kommt. „Gipsy Girl“ kommt schon im März zurück ins Wasser und wird uns über den Sommer in den Urlaub tragen. Wohin es geht, ist noch nicht raus – aber wir wollen ähnlich wie im letzten Jahr möglichst wieder mal ein, zwei Tage nonstop am Stück segeln, um größere Strecken zu schaffen. Zum Ende des Sommers wird die Contest dann im Unterwasserbereich neu aufgebaut und beschichtet. Hätte große Lust, eine Kevlarmatte in den Bugbereich zu legen – dann hätte sie Eisklasse 😉 Tja … und vielleicht werde ich dann meinen großen Traum wahr machen, den ich schon seit ich 14 bin mit mir trage. Ich möchte gern an Bord ziehen, im Hamburger Hafen wohnen und dabei meine Miete sparen. Ob schon im kommenden Winter oder erst im Frühjahr … mal schauen.

Soweit die Pläne. Mal schauen, ob das alles nach Zeitplan klappt. Das Boot zu sanieren, es auszurüsten, eine Reisekasse anzusparen. Erstmal bin ich nach dem Bootskauf jetzt so richtig, richtig blank! Also, wenn ihr jemanden wisst, bei dem ich einen Vortrag halten kann – oder gern auch Blumengießen oder Rasenmähen – jeder Nebenjob ist willkommen 😉

Viele Grüße!

… ein glücklicher Johannes

 

Hier nochmal die alten Einträge von 2010 zum Nachlesen:

02. Februar 2010: Erster Arbeitseinsatz

27. Februar 2010: Erste Fortschritte

14. März 2010: Motor läuft, Name klebt

18. April 2010: Maverick too mit Windpilot

28. April 2010: Die letzte Woche im Rückblick

14. Mai 2010: Überführungstörn Teil 1

18. Mai 2010: Einhand von Holland nach Glückstadt

24. Mai 2010: Angekommen in Kiel

01. Juni 2010: Mission accomplished