14. Tag auf See

Jeden Morgen, wenn die Nachtwache vorüber ist, kocht Cati mir einen Kaffee und geht in die Koje. Ich setze mich dann mit einem Buch aufs Brückendeck und lese. Oder lege das Buch nach einigen Minuten wieder beiseite und schaue aufs Meer. Heute morgen war mein Platz unter der Sprayhood allerdings schon belegt. Dort lag ein winzig kleiner fliegender Fisch, etwa 5 Zentimeter lang. Er muss wohl bei Nacht an Deck gelandet sein. Die Morgensonne hatte ihn so ausgetrocknet, dass er am Antirutschbelag festklebte. „Das erinnert mich an meinen Fisch an der Raufasertapete“, hat Cati gemurmelt. In ihrer Teeniezeit hatte sie mal ein Aquarium und eines Tages war ein Fisch weg. Später fand sie ihn an der Tapete hinter dem Aquarium klebend … Wahrscheinlich hat unser Fisch hier im Cockpit gestern Nacht den Decksscheinwerfer gesehen und ist dem Licht entgegen gesprungen. Denn pünktlich um ein Uhr morgens, als ich gerade eingenickt war, fing es mal wieder an zu blasen. Ständig ist „Maverick“ über sieben Knoten gelaufen, einige Male ins Surfen gekommen und von den Wellen, die gerade von Nordosten anlaufen, krachend auf die Seite geworfen worden. Also Ölzeug an und raus, das dritte Reff ins Groß und die Genua ein bisschen einrollen. Kaum ist der Scheinwerfer an, sehe ich den ersten fliegenden Fisch aufs Schiff zusegeln. Im letzten Augenblick hat er dann aber doch noch einen Bogen geflogen und ist zurück ins Wasser. Obwohl das Reffen im Scheinwerferlicht nach etwa zehn Minuten erledigt ist, fühle ich mich danach ganz schön erschöpft. Vor allem das Gekurbel an unseren 42 Jahre alten Winschen kostet Kraft, weil die ehemals raue Oberfläche inzwischen glatt ist und die Leinen einfach durchrutschen. Die Erschöpfung kam vielleicht aber auch durch das Antibiotika. Die Ärztin auf Madeira hatte mir damals extra noch gesagt „no sports“. Hmm … ist gerade schwierig. Mit drittem Reff laufen wir nun immer noch im Schnitt sechs Knoten. Das selbstgebackene Sonnenblumenkernbrot gestern war übrigens fantastisch. Wie aus der Bäckerei. Zumindest schmeckte es nach Monaten des weißen Toastbrots so. Seit wir im September aus Deutschland weg sind, gibt es ja kein Schwarzbrot mehr. Nur in England haben wir mal ein Brot nach „German style“ bekommen. Cati hat die letzten beiden Avocados zu Guacamole verarbeitet. Jetzt haben wir noch eine Mango und einige Limetten. Dann gibts Dosenfrüchte. Freu mich schon auf den Fruchtcocktail von Aldi 🙂 Nun zieht hier gerade eine dunkle Wolkenfront durch. Die Sonne ist weg, dafür regnet es. Vielleicht steckt auch noch ein bisschen Wind drin. Cati liegt auf der Koje und macht Sodoku, ich unser tägliches Kreuz un die Karte. 1430 Seemeilen hinter uns, 1615 to go … Johannes